/

 

1. Mathe und Jura

Die alten Römer wussten es bereits.  Im Rechtssystem lässt man besser andere rechnen, die etwas von höherer Mathematik verstehen. Im Originalton hieß das dann judex non calculat.

Seit den ersten Meldungen aus Wuhan und dem beängstigenden Gefühl, dass diese schwere Erkrankung der Atemwege von Tag zu Tag immer näherkommt und jeden betreffen kann, sind diese „anderen“ die Virologen. Nun mussten wir alle mit zuvor unbekannten Zahlen und Begriffen nicht nur umgehen, sondern auch danach handeln. Dies in einer Geschwindigkeit, die an manchen Tagen sogar ein mehrfaches Umdenken verlangte. Die Nachrichtensendungen setzten daher nicht nur das Datum, sondern auch die Uhrzeit über eine Corona-Meldung.

Wer eigentlich mit Mathe und Dingen, wie z.B. Textaufgaben, wenig am Hut hat, musste nun die Auswirkungen von R-Werten, exponentiellem Wachstum und das Verhältnis von Neuinfektionen zur Bevölkerungszahl als tiefen Lebenseinschnitt begreifen und danach handeln. Aber wie konnte unser Rechtsystem die notwendig gewordene Verbindung zwischen den Ratschlägen der Virologen und dem Verhalten aller Bürger so schnell herstellen? Dieses Rechtssystem wurde bislang von vielen nicht als flott, sondern eher als langsam und oft weit hinterherhinkend wahrgenommen. Die gegenseitige Kontrolle während der Gesetzgebung in den Parlamenten ist zwar gewollt, kostet aber auch viel Zeit.

Die Antwort ist die Wahl des Verfahrens über eine sogenannte Verordnung. Diese wird von den Verantwortlichen im Bereich der Regierung (Exekutive) zunächst ohne Beteiligung der gewählten Volksvertreter (Legislative) erlassen. Der Bürger hat bereits nach Bekanntgabe danach zu handeln und kann alles erst danach von Gerichten (Judikative) nachprüfen lassen.

Berlin schuf die Eindämmungsmaßnahmenverordnung mit strengen Bewegungs-einschränkungen, die glücklich in Lockerungen übergingen.

2. Halbwertzeit

Aber auch der Verordnungsgeber, bei uns der Senat von Berlin, musste täglich die bereits getroffenen Regelungen anhand der Zahlen aus dem Robert Koch-Institut überprüfen und durch Änderungen der rasanten Entwicklung anpassen. Es machte fast den Anschein, als ob Regelungen gerade einmal 10 Tage verlässlich blieben und dann nicht mehr galten. Die in der Physik bekannte Halbwertzeit, also der Zeitraum, nach dem sich eine bestimmte Anzahl von Atomen halbiert, betrug für die Politik nur noch ein paar Tage.  

Oberstes Ziel war und ist in der Corona-Pandemie, die Überlastung der Intensivmedizin in den Krankenhäusern zu verhindern. Dies drohte bei dem neuartigen Corona-Virus wegen der auf knapp 3 angewachsenen R-Zahl zu einem ungebremsten Wachstum zu werden.


Das exponentielle Wachstum aus dem Wissensbereich der Virologen führte bei den Politikern zur Halbwertzeit ihrer juristischen Schutzmaßnahmen.

3. Weitblick 2021/2022

Wie so oft, haben die Dinge oft eine gute, aber auch eine weniger gute Seite.

Wenn das Kurzarbeitergeld eine Kündigung vermieden hat, muss für das geringere Kurzarbeitergeld zunächst keine Einkommenssteuer abgeführt werden.

Aber diese Ersatzleistung der Arbeitsagentur wird am Jahresende zum Gesamteinkommen addiert, so dass die gemeinsame Einkommenssteuererklärung 2020 mit einer heftigen Nachzahlung enden könnte. Kurzarbeitern ist daher zu raten, monatlich etwas im Bereich von 50,- bis 100,- € vom Kurzarbeitergeld anzusparen.

Zum Beginn des Lockdowns in der Märzmitte 2020 war bereits abzusehen, dass die Mieter von Wohnungen und im Gewerbe bei der Mietzahlung und den Versorgern für Strom, Wasser und Gas in bedrohlichen Rückstand geraten könnten. Denn Wohnungen sind nach 2 offenen Monaten und Gewerbeflächen nach 1 offenen Miete kündbar. Nun gilt, dass ein Mietrückstand aus den drei Monaten April bis Juni 2020 über zwei Jahre lang in den Büchern der Vermieter offenbleiben darf. Gleiches gilt für Rückstände bei den Versorgern. Ob es eine Verlängerung auf weitere Monate geben wird, ist noch nicht entschieden.  

Wer sich auf dieses Wagnis einlässt, muss aber bei der Miete wissen, dass er ab dem 1. Juli 2022 vor zwei Problemen steht.

- Zum einen muss rückwirkend über zwei Jahre noch nachgewiesen werden können, dass der Mietausfall nur auf Corona zurückzuführen war. Wer andere Geldeinnahmequellen für April bis Juni 2020 hatte, also z.B. Zuschüsse von der IBB erhielt oder nur Teile der Familie in Kurzarbeit gingen, wird diesen Corona-Beweis vielleicht nicht mehr beschaffen können.

- Zum anderen wird am dritten Werktag des Juli 2022 auch die laufende Julimiete fällig, so dass dann plötzlich 4 Mieten offen sind.

Es muss auch bedacht werden, dass ohne diese drei Monate der Betriebskostenanteil bei der nächsten Betriebskostenabrechnung 2020 fehlen wird. Man kann eigentlich nur raten, den Mietrückstand so schnell wie möglich noch vor dem Juli 2022 abzuschmelzen und zumindest den Betriebskostenvorschuss noch im laufenden Jahr 2020 zu bezahlen.


 
E-Mail
Anruf
Infos